Die Verkäuferin einer Eigentumswohnung handelt sittenwidrig, wenn sie die Wohnung nicht fristgerecht veräußern kann und den Käufern stattdessen einen Mietvertrag bei Verzicht auf alle Schadensersatzansprüche anbietet. Eine solche Verzichtserklärung wäre zudem beurkundungspflichtig. So entschied das Amtsgericht Hanau (Az. 32 C 243/21).
Die Parteien hatten einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung geschlossen. Kurz vor dem vereinbarten Stichtag informierte die Verkäuferin die Käufer, dass die Vormerkung wegen eines Fehlers der Teilungserklärung nicht im Grundbuch eingetragen wird, sodass der Vertrag vorerst nicht vollzogen werden kann. Sie bot ihnen stattdessen den Abschluss eines Mietvertrags über die Wohnung an unter der Bedingung, dass sie auf alle Schadensersatzansprüche wegen der Verzögerung verzichten. Die Käufer erklärten sich hierzu bereit, weil ihre Mietwohnung bereits gekündigt und die Käuferin zudem schwanger war. Sie zahlten vorerst die Mieten vollständig und rechneten diese sodann teilweise gegen die Finanzierungskosten ihrer Bank auf, welche den Kaufpreis weiterhin zur Auszahlung bereithielt. Damit war die Verkäuferin nicht einverstanden.
Das Gericht entschied, dass die Verkäuferin die weiteren Mieten nicht fordern kann. Denn sowohl der Mietvertrag als auch die Verzichtserklärung seien sittenwidrig. Es habe an sich überhaupt keinen Grund für die Käufer gegeben, diese Verträge einzugehen, weil die Klägerin für die Verzögerung verantwortlich war, zumal die Mieten zumindest auf den Kaufpreis hätten verrechnet werden müssen. Die Klägerin habe vielmehr deren Zwangslage ausgenutzt. Zwar hätten die Mieter die laufenden Kosten der Eigentumswohnung ohnehin tragen müssen, diese waren jedoch durch die erbrachten Zahlungen getilgt. Der Verzicht auf Schadensersatz unterlag zudem der notariellen Beurkundungspflicht, weil er den Kaufvertrag inhaltlich änderte.
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